EuGH stärkt Gewährleistungsrechte der Verbraucher

Der Europäische Gerichtshof hatte über zwei Fälle zu entscheiden, in denen Händler mangelhafte Ware geliefert hatten, was aber erst beim bzw. nach dem Einbau erkannt wurde. Vor Gericht stritten die Parteien nun über die Kosten des Ausbaus der mangelhaften Ware und des Einbaus der Ersatzlieferung.

Im ersten Fall kaufte ein Verbraucher polierte Bodenfliesen zum Preis von 1382,27 €. Nachdem er rund zwei Drittel der Fliesen in seinem Haus hatte verlegen lassen, stellte er auf der Oberfläche Schattierungen fest, die mit bloßem Auge zu erkennen waren. Daraufhin erhob er eine Mängelrüge, die der Händler nach Rücksprache mit dem Hersteller der Fliesen zurückwies. In einem vom Verbraucher eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Schattierungen um feine Mikroschleifspuren handele, die nicht beseitigt werden könnten, so dass Abhilfe nur durch einen kompletten Austausch der Fliesen möglich sei. Die Kosten dafür bezifferte der Sachverständige mit 5830,57 €.

Im zweiten Fall kaufte eine Verbraucherin eine neue Spülmaschine zum Preis von 367 €. Nachdem sie die Spülmaschine bei sich in der Wohnung hatte montieren lassen, stellte sich heraus, dass die Maschine einen nicht beseitigbaren Mangel aufwies, der nicht durch die Montage entstanden sein konnte. Die Parteien einigten sich daher auf den Austausch der Spülmaschine. In diesem Rahmen verlangte die Verbraucherin vom Händler, dass dieser nicht nur die neue Spülmaschine anliefert, sondern auch die mangelhafte Maschine ausbaut und die Ersatzmaschine einbaut, oder dass er die Aus- und Einbaukosten trägt, was der Händler ablehnte.

Da die Entscheidung in beiden Fällen von der Auslegung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter abhing, wurden Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG gestellt. Der EuGH hat nun zu Gunsten der Verbraucher entschieden, dass ein Händler nicht nur für Ersatz der mangelhaften Waren sorgen muss, sondern diese ggf. auch ausbauen und die mangelfreie Ersatzlieferung wieder einbauen bzw. die Kosten dieser Maßnahmen tragen muss, wenn der Mangel erst nach dem Einbau sichtbar wird:

Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass, wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen.

Der Händler hat hierbei nicht das Recht, die Neulieferung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, wenn diese die einzige Art der Abhilfe ist; die Höhe der Kosten kann jedoch auf einen angemessenen Betrag beschränkt werden:

Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er ausschließt, dass eine nationale gesetzliche Regelung dem Verkäufer das Recht gewährt, die Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe zu verweigern, weil sie ihm wegen der Verpflichtung, den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in diese Sache vorzunehmen, Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unverhältnismäßig wären. Art. 3 Abs. 3 schließt jedoch nicht aus, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in einem solchen Fall auf die Übernahme eines angemessenen Betrags durch den Verkäufer beschränkt wird.

EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011 – C-65/09 und 87/09